Ahmad Kasravi

Ahmad-KasraviKasravi war Pionier zur Entschlüsselung und Dokumentierung der ursprünglichen Sprache Âzarbâdegâns, nämlich das „Tati“. Er setze sich für die Reiranisierung Âzarbâdegâns und ganz Iran ein, und war darüber hinaus sehr islamkritisch . Khomeini hat diesen Entdecker der iranischen Sprache und Kultur, zu den Zeiten Shahs zu vogelfrei erklärt, und seine Menschenfresser die Sache erledigen lassen.

Die Annahme Kasravis war, dass die Probleme Irans sich über die Jahrhunderte entwickelt hätten, und daher nur unter Berücksichtigung der historischen Bezüge verstanden und gelöst werden könnten. Mit diesen Annahmen stellte sich Kasravi gegen die herrschende
gesellschaftspolitische Meinung, die davon ausging, dass die Probleme Irans durch Einmischung von Außen entstanden wären. Kasravi machte deutlich, dass die Probleme Irans einzig und allein der inneren Natur der iranischen Gesellschaft geschuldet seien. Die Hauptschuldigen an der unterentwickelten Lage der iranischen Gesellschaft waren für Kasravi die schiitischen Geistlichen, die seiner Meinung nach die Bevölkerung bewusst mit Irrlehren in die Unwissenheit führten. Auch hielt Kasravi wenig davon, mit Hilfe von in Europa entwickelten politischen Konzepten, wie beispielsweise dem Kommunismus, die Probleme im Iran lösen zu wollen. Die Probleme Irans seine „hausgemacht“ und erforderten daher auch einen „iranischen Weg“. Als Hauptprobleme der mangelhaften Entwicklung Irans nannte Kasravi:

1. Die schiitische Religion und deren schädliche Irrlehren
2. Materialistische Ideologien, insbesondere der Kommunismus
3. Sprachliche Diversität
4. Nomadische Lebensweise
5. Mangelhafte Bildung, Fehlen von Naturwissenschaft und Technik
6. Mangelhaftes Erziehungs- und Bildungswesen
7. Mangelhaftes Rechts- und Verwaltungssystem
8. Falsche Vorstellungen über die wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten
9. Mangelhaft entwickelte Landwirtschaft und Unterentwicklung des ländlichen Raumes
10. Mangelhaftes öffentliches Gesundheitswesen

Kritik am Islam als dem Hauptproblem der iranischen Gesellschaft

Mit der Kritik an der Religion als dem Hauptproblem der iranischen Gesellschaft machte sich Kasravi die schiitische Geistlichkeit zum Feind. Die Kritik Kasravis wurde von Chomeini in dem 1944 anonym veröffentlichten Buch Kašf al-asrār (Enthüllung der Geheimnisse) aufgegriffen. Ohne Kasravi direkt zu nennen, formulierte Chomeini in seiner Kritik am säkularen Staat und der Trennung von Staat und Religion einen Gegenentwurf zu Kasravis Vorstellungen. Nur eine Regierung der Geistlichkeit könne nach Chomeini die Probleme der iranischen Gesellschaft lösen.

Kasravi ließ sich allerdings weder von Chomeini noch von anderen Kritiker seiner Schriften einschüchtern. In zahlreichen Artikeln griff er die Irrlehren der schiitischen Geistlichkeit an, und nannte das Schiitentum eine Sekte, die aus der Religion ein Geschäft gemacht hätte. Der Titel seines Buches Schi’igari, in dem Kasravi seine Kritik am Schiitentum zusammenfassend darstellt, bedeutet wörtlich übersetzt Kaufladen Schiitentum.

Kritik des Velayat-e Faqih

Ahmad Kasravi setzte sich intensiv mit dem politischen Führungsanspruch der iranischen Geistlichkeit und dem Konzept des Velayat-e Faqih auseinander.
Ahmad Kasravi war der erste, der die politische Klasse Irans auf den Herrschaftsanspruch der iranische Geistlichkeit aufmerksam machte und sich mit ihm öffentlich auseinandersetzte. In einem 1942 erschienen Artikel, mit dem Titel Botschaft an die Mullahs von Täbris, griff Kasravi die Forderungen der Geistlichkeit als unbegründet an. Zudem hielt er die religiösen Gesetze der Scharia für völlig ungeeignet, um eine komplexe Gesellschaft des 20. Jahrhunderts damit regieren zu können.

Nachdem Kasravi mit Argumenten nicht zum Schweigen gebracht werden konnte, beschloss man in den Kreisen der schiitischen Geistlichkeit, Kasravi umbringen zu lassen. Ayatollah Shahabadi, der Lehrer Chomeinis, bestätigte die Apostasie Kasravis. Damit war sein Todesurteil gesprochen.

Ermordung

Am 11. März 1946 wurde Kasravi von zwei Mitgliedern der von Abol-Ghasem Kashani initiierten und von Navvab Safavi gegründeten Fedajin-e Islam niedergeschossen und mit 27 Messerstichen getötet. Auch sein Assistent, der ihn begleitet hatte, wurde umgebracht.

Wenige Monate vorher hatte Chomeini eine Fatwa erlassen, dass Kasravi ein „Verderbnisstifter auf Erden“ (Mofsed-e fel Arz) sei, was einem Todesurteil gleichkam. Chomeini war bereits zum geistigen Führer der Fedajin-e Islam aufgestiegen. Andere Geistliche warben Navvab Safavi an, bezahlten ihm die Reise nach Teheran und gaben ihm den Auftrag, Kasravi umzubringen. Safavi kam, traf Kasravi und diskutierte mit ihm über den Islam. Am 28. April 1945 schoss Safavi mit einem Revolver auf Kasravi. Der erste Schuss war jedoch nicht tödlich. Da die Pistole klemmte, konnte Kasravi entkommen und überlebte das Attentat.

Premierminister Mohsen Sadr entließ den Attentäter nach drei Wochen aus dem Gefängnis. Wenig später wurde gegen Kasravi auf Veranlassung von Premierminister Mohsen Sadr und Parlamentspräsident Mohammad Sadeq Tabatabai ein Verfahren wegen „antiislamischer Ansichten“ eröffnet.[12] An dem besagten 11. März 1946 ging Kasravi mit seinem Assistenten zum Justizministerium, um in einem Büro im 3. Stock des Justizministeriums seine Aussage zu den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu machen. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Die Mörder,unter ihnen Hossein Emami, Mitglied der Fedajin-e Islam, betraten den Raum und vollstreckten das Urteil, das die Geistlichen bereits über Kasravi gefällt hatten und riefen hinterher laut und mehrmals ALLAHUAKBAR!

Mit der baldigen Freilassung der Mörder Kasravis beschritt das iranische Rechtssystem einen Weg, der weitere politisch motivierten Morde geradezu herausforderte, die am Ende zur Islamischen Revolution führen sollten. Die Geistlichkeit setzte Premierminister Ahmad Qavām mit dem Argument unter Druck, Kasravi sei ein Apostat gewesen. Er hätte nach den Gesetzen des Islam den Tod verdient. Die Forderungen wurden im Kabinett diskutiert, und das Mitglied der Tudeh-Partei Iraj Eskandari und Finanzminister Abdolhossein Hazhir stimmten den Forderungen der Geistlichkeit zu. Allein Justizminister Allahyar Saleh widersprach den Forderungen der Geistlichkeit und wollte die Mörder Kasravis als das verurteilt sehen, was sie waren, Mörder. Qavam bildete daraufhin sein Kabinett um, Saleh wurde entlassen, und der neue Justizminister Ali Akbar Musavizadeh entließ die Mörder Kasravis aus dem Gefängnis.

Erbe

Für die Geistlichkeit bedeutet dieser Sieg, dass man ungestraft morden konnte, solange man sich im Rechtsrahmen des Islam bewegte. Das unter Reza Schah entwickelte säkulare Strafgesetz des Iran fand in diesem Fall keine Anwendung mehr. Der erste Schritt zu einem islamischen Rechtsverständnis war getan. Weitere sollten folgen.

Khomeini wurde nie für diesen Verbrechen belangt. Kasravi hingegen hat den Iranern einen großen Schatz hinterlassen. Er war es der die alten iranische Sprache der Azaris dokumentierte und feststellte, dass Azaris ethnische Iraner sind und dass ihre Sprache jahrhundertelang durch die von den Arabern als Söldner angeworbenen Türken fast zerstört worden war. Genauso ging er darüber die persische Sprache von arabischen, türkischen, islamischen und barbarischen Elemente dieser beiden nomadisch-kriegerischen Stämme zu säubern und präsentierte Wörterbücher und viele Bücher über die Geschichte Irans.

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