islamische Toleranz

Enthauptung auf Anordnung von Tazi Mohammad (Der Kerl ohne Visage)

Töten ist euch vorgeschrieben, auch wenn es euch widerwärtig ist. Doch es mag sein, dass euch etwas widerwärtig ist, was gut für euch ist, und es mag sein, dass euch etwas lieb ist, was übel für euch ist. Und Allah weiß es, doch ihr wisset es nicht. Der Quran [Sure 2:216]

Von Ardašir Pârse aka. Amirkabir Egon Flaig

Seine Vergangenheit nicht zu kennen bedeutet sie wiederholen zu müssen. Wer weiterhin das Märchen von der islamisch-türkisch-arabischen Toleranz verbreitet, beraubt Muslime der Chance, eine Religion und ihre Vergangenheit zu überwinden, die zur abscheulichen Gegenwart zu werden droht. Hegel nannte den Islam die „Religion der Erhabenheit“. Er hatte sich wohl nie mit islamischer Geschichte und Religion auseinandergesetzt.

Zur Geschichte der Toleranz des ISLAM

„Dann wollen wir, dass die Fahne des Islam wieder über diesen Landschaften weht, die das Glück hatten, eine Zeitlang unter der Herrschaft des Islam zu sein und den Ruf des Muezzins Gott preisen zu hören. Dann starb das Licht des Islam aus und sie kehrten zum Unglauben zurück. Andalusien, Sizilien, der Balkan, Süditalien und die griechischen Inseln sind alle islamische Kolonien, die in den Schoss des Islam zurückkehren müssen. Das Mittelmeer und das Rote Meer müssen wieder islamische Binnenmeere wie früher werden.“

Diese Sätze stammen nicht etwa von Al Qaida; sondern sie finden sich im Programm, das der Gründer der Muslim-Bruderschaft Hassan Al Banna, wie er es in einer Rede formulierte. Die Bruderschaft zählt heute Millionen und hat sich weit über Ägypten hinaus verbreitet. Ihre Intellektuellen agieren in Europa und in den Vereinigten Staaten; sie gelten als „moderat“ und werden von den Medien entsprechend bedient. Planmäßige Rückgewinnung „verlorener“ Gebiete gehört in die Programme von Staaten, welche um territoriale Machtausübung kämpfen, also von politischen Gemeinschaften. Wie kann sie ins Programm einer Religion gehören?

Dār as-Salām und Dār al-Harb

Seit Beginn der klassischen Zeit zwischen dem neunten und dem elften Jahrhundert teilen islamische Juristen die Welt in zwei Teile, nämlich in das „Haus des Islam“ und das „Haus des Krieges“. Diese Zweiteilung hängt nicht davon ab, wo Muslime in großer Anzahl leben oder gar die Mehrheit darstellen, sondern davon, wo der Islam herrscht – in Gestalt der Sharia – oder wo er nicht herrscht. Diese Dichotomie ist also keine religiöse, sondern eine politische. Zwischen diesen beiden Teilen der Welt herrscht naturgemäß so lange Krieg, bis das Haus des Krieges vernichtet und der Islam über die Welt herrscht (Sure 8, 39 und 9, 41). Daher besteht nach klassischer Lehre für die muslimische Weltgemeinschaft die Pflicht, gegen die Ungläubigen Krieg zu führen, bis diese sich bekehren oder sich unterwerfen.

Dschihad

Dieser Krieg heißt Dschihad. Lautete der Missionsauftrag Jesu, alle Völker mit seiner Lehre zu bekehren, ihnen aber ihre politische Ordnung zu lassen, so besteht das Ziel des Islam darin, alle Nichtmuslime politisch zu unterwerfen, ihnen aber ihre Religion zu lassen, falls es Buchreligionen sind. Der allgemeine Befehl Gottes zum Dschihad wird entnommen aus Sure 9, 29. Gewiss, winzige pazifistische Strömungen im Islam haben diese Interpretation nicht akzeptiert. Die Schiiten akzeptieren sie zwar, verlangen aber, dass ein echter Imam die muslimische Gemeinschaft anführt und auf einen solchen warten sie schon mehr als dreizehn Jahrhunderte, daher gilt für sie vorläufig nur der defensive Dschihad, also falls die muslimische Gemeinschaft angegriffen wird. Dagegen haben die anderen Strömungen, etwa die sogenannten charidschitischen, die Aussage von Sure 9, 29 radikalisiert: Sie sehen im Dschihad eine individuelle Pflicht jedes tauglichen Muslim, welche als sechste Säule neben den anderen fünf kardinalen Pflichten steht. Konsequenz dieser Lehre: Wenn jeder entweder an der kollektiven Kriegführung gegen die Ungläubigen teilnehmen muss oder – falls die muslimische Gemeinschaft dafür momentan zu schwach ist – allein, gruppenweise auf eigene Faust kriegerisch agieren muss, dann sind Attentate und Terroranschläge, also asymmetrische Kriegsführung das Richtige. Was die Charidschiten für den offensiven Dschihad verlangen, gilt bei den meisten Vertretern der orthodoxen Lehre der Sunna für den defensiven: Wird der Islam angegriffen oder islamisches Territorium von Ungläubigen besetzt, dann wird der Dschihad zur individuellen Pflicht; eine Fatwa des Großmuftis der wohl bedeutendsten Lehrstätte des Islam, der Al-Azhar-Universität in Kairo von 1948 – gerichtet gegen Israel – lässt daran keinen Zweifel. Jedwede feindliche Macht, welche sich an die Haager Landkriegsordnung hält und streng unterscheidet zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten, gerät hierbei in größte Schwierigkeiten.

Permanenter Kriegszustand

Der Kriegszustand dauert so lange an, bis das Haus des Krieges vernichtet und die Welt erobert ist. Darum nennt Majid Khadduri den Islam eine „göttliche Monokratie auf imperialistischer Basis“. Friedensverträge, welche islamische Herrscher mit nicht islamischen abschlossen, galten nur als Waffenstillstände; deshalb wurden sie in der Regel für höchstens zehn Jahre abgeschlossen; zwei Rechtsschulen erlaubten nur drei bis vier Jahre Frieden. Die kurzen Fristen ermöglichten es den militärisch überlegenen Muslimen, die Gegenseite unentwegt zu erpressen; auf diese Weise sind im Laufe der Jahrhunderte riesige Mengen an Geldern und Menschen an die muslimische Seite geflossen. Als sich die Kräfteverhältnisse verschoben, mussten muslimische Herrscher die Praxis ändern. So schloss 1535 Suleiman „der Prächtige“ mit dem französischen König einen Frieden, der so lange gelten sollte, wie der Sultan lebte – ein Bruch mit der Tradition. Christliche Theologen versuchten – angesichts einer Pluralität von Staaten – zu definieren, was ein „gerechter“ Krieg war und was nicht; Kriege einzig um des Glaubens willen galten überwiegend nicht als gerecht. Für muslimische Gelehrte ist hingegen das „Haus des Islam“ eine politische Einheit, welche keinen inneren Krieg duldet; darum ist allein der Krieg zur Unterwerfung der Ungläubigen legitim und obendrein Pflicht, wie der berühmte Gelehrte Ibn Khaldun im vierzehnten Jahrhundert kategorisch sagte:“Im Islam ist der Dschihad gesetzlich vorgeschrieben, weil er einen universalen Auftrag hat und gehalten ist, die gesamte Menschheit freiwillig oder unfreiwillig zur Religion des Islam zu bekehren.“ Die Kriegsregeln des Dschihad sind flexibel. Von der Schonung über Massenversklavung bis zur massenhaften Tötung ist nach Chaudhuri alles möglich, genau wie bei Griechen und Römern. Das unterscheidet die heiligen Kriege des Islam fundamental von denjenigen des alttestamentarischen Israel, welche vorsahen, dass außerhalb Israels alles Männliche zu töten, auf israelischem Boden hingegen alles Lebendige zu vernichten war (Deuteronomium. 20, 10-20). Wir pflegen uns darüber zu empören, was die Kreuzfahrer 1099 in Jerusalem anrichteten. Indes, die Kreuzfahrer handelten nach gängigem Kriegsrecht; muslimische Eroberer taten derlei unentwegt und überall: 651 traf es den Iran – Alleine bei der Eroberung von Istakhr wurden mehr als 40.000 iranische Zivilisten getötet und hunderttausende in die Sklaverei verkauft, 698 traf es Karthago, 838 Syrakus; der berühmt berüchtigte Wesir des Kalifats von Córdoba, Al Mansur, führte in nur siebenundzwanzig Jahren fünfundzwanzig Feldzüge gegen die christlichen Reiche Nordspaniens, – versklavend, verwüstend, vernichtend,; es traf Zamora (981), Coimbra (987), León, zweimal Barcelona (985 und 1008), dann Santiago de Compostela (997). Am furchtbarsten verwüsteten die Dschihads

das damals noch so städtereiche byzantinische Anatolien; das Massaker von Amrum (838) ist lange ein Fanal geblieben; die städtische Kultur Anatoliens hat sich davon nie wieder erholt. Der türkische Seldschuke Alp Arslan ließ ganze armenische Städte massakrieren, am furchtbarsten 1064 die Hauptstadt Ani. Mehr als berechtigt darum das Urteil der Islamkritikerin Bat Ye’or: „Die Maßlosigkeit, die Regelmäßigkeit und der systematische Charakter der von islamischen Theologen zur Norm erhobenen Verwüstungen unterscheiden den Dschihad von anderen Eroberungskriegen.“ Gewiss, die Massenversklavung blieb das beliebteste Kriegsziel. So entstand schon im achten Jahrhundert die größte Sklavenhaltergesellschaft der Weltgeschichte; sie benötigte eine ständige Zufuhr immer neuer Sklaven; sie transformierte den afrikanischen Kontinent zum größten Sklavenlieferanten, ein Schicksal, welches Europa nur knapp entkam. Die Sklavenhaltung legitimiert sich aus der islamischen Lehre und entspricht damit islamischem Rechtsverständnis. Singulär ist die enorme Geschwindigkeit mit der binnen neunzig Jahren ein arabisches Großreich zwischen Südfrankreich und Indien entstand, ohne dass ein einzelner Eroberer die Expansion gelenkt hätte. Der erfolgreichste Imperialismus der Weltgeschichte erregte nicht zuletzt die Bewunderung Hegels: „Niemals zuvor hat die Begeisterung als solche größere Taten vollbracht.“


Märtyrertum

Wenn „Begeisterung“ solches vermochte, worauf beruhte sie? Die Antwort ist einfach: auf dem Märtyrertum. Ein Ereignis des Jahres 963 in Konstantinopel illustriert das: Kaiser Nikephoros Phokas hatte soeben die arabischen Besatzer aus Kreta vertrieben; nun plante er einen großen Krieg, um Ostanatolien und Nordsyrien von der muslimischen Herrschaft zu befreien. Ein Konzil sollte ihm helfen; eindringlich bat er die versammelten Bischöfe, sie sollten Soldaten, die im bevorstehenden Kampf fielen, zu Märtyrern erheben. Diesen Soldaten wäre also das Paradies sicher gewesen. Doch der Patriarch stellte sich gegen den Kaiser: „Kein kirchliches Konzil sei imstande, Gottes Ratschluss zu antizipieren; allein Gott entscheide über das Heil.“ Eine welthistorische Schlüsselszene. Der Kaiser wusste damals was auf dem Spiel stand. Immer wieder hatten die Byzantiner erleben müssen wie die muslimischen Truppen mit einer Tapferkeit kämpften, zu der die Christen nicht imstande waren. Gefallene Muslime gelten als Märtyrer für den Glauben und marschieren als Gefallene geradewegs ins Paradies. In den beiden Religionen unterscheidet sich der Begriff des Märtyrers fundamental. Christliche Märtyrer imitieren das Leiden Jesu, erleiden passiv Folter und Tod; muslimische Märtyrer sind aktive Kämpfer, nach dem Vorbild des Propheten, unerschrocken, dem Tode begegnend. Wie Hassan Nasrallah, der Generalsekretär der Hisbollah im Libanon in einer Rede sagte: „Ihr liebt das Leben, aber wir lieben den Tod“ Maßgeblich für die Todesbereitschaft der Krieger ist das unverbrüchliche Versprechen, dass, wer für seinen Glauben stirbt, das ewige Heil erhalte (Sure 4, 74-76). Muslime sollten einer zehnfachen Übermacht standhalten (Sure 8, 66-67); spätere Rechtsgelehrte erlaubten, wie Chaudhuri schreibt, den Rückzug, falls man einer mindestens doppelten Übermacht des Feindes gegenüberstand. Da die entscheidende Ressource eines jeden Krieges der kämpfende Mensch und seine Opferbereitschaft ist, half es den Byzantinern nichts, technisch den Arabern und türkischen Seldschuken gleichwertig zu sein; langfristig mussten sie unterliegen, falls ihre Kampfmoral nicht dieselbe Höhe erreichte. Höhere Todesbereitschaft bringt enorme Vorteile in der Gefechtssituation: so lassen sich waghalsige Operationen angehen und kühne Manöver starten, die den Feind überraschen und verwirren; so lassen sich Siege erzwingen, die technisch und materiell fast nicht möglich erscheinen, und Schlachten gewinnen, die unter üblichen Bedingungen verloren sind. Nikephoros wusste um die militärischen Konsequenzen von Sure 4, 74-76; er war der erste, der die prinzipielle kriegerische Unterlegenheit der christlichen Religion zu korrigieren suchte. Doch die Bischöfe der Ostkirche sahen sich ausserstande ihre Theologie so zu manipulieren, dass ein kriegerisches Märtyrertum hätte entstehen können. Dabei blieb es. Die byzantinischen Kaiser mussten ihre schweren Abwehrkriege gegen die ständigen sarazenischen und seldschukischen Aggressionen führen, ohne dass ihnen die Religion dort half, wo Hilfe am nötigsten war.

Der Kreuzzug

Gustave dore - crusades dandolo preaching the crusade

Erst die Westkirche veränderte die theologisch-politische Situation: als Papst Urban II 1095 zum ersten Kreuzzug aufrief, versprach er den christlichen Kriegern den Erlass der Sünden. Gefallene Kreuzeskrieger umgingen demnach das göttliche Gericht; sie wurden insofern den Märtyrern gleichgestellt, obschon ihnen dieser Name verwehrt blieb. Der Papst als Oberhaupt einer monarchisch organisierten Kirche tat genau das, was ein Konzil östlicher Bischöfe nicht vermochte: Er verfügte über das Heil. Die Papstkirche konnte nun ebensolche „Heiligen Kriege“ führen, wie der Islam es seit Jahrhunderten zu tun pflegte. Worin unterscheiden sich dann Kreuzzüge und der Dschihad? Kreuzzüge konnte allein der Papst ausrufen; daher blieben sie sehr selten – verglichen mit den unzähligen, unaufhörlichen und ubiquitären Dschihads der islamischen Welt. Und die Ziele von Kreuzzügen blieben genau begrenzt; im November 1095 nannte Papst Urban II in Clermont Grund und Ziel des Kreuzzuges:

„Es ist unabweislich, unseren Brüdern im Orient eiligst Hilfe zu bringen. Die Türken und die Araber haben sie angegriffen und sind in das Gebiet von Romanien (Konstantinopel) vorgestoßen; und indem sie immer tiefer eindrangen in das Land dieser Christen, haben sie diese siebenmal in der Schlacht besiegt, haben eine große Anzahl von ihnen getötet und gefangen genommen. Wenn ihr ihnen jetzt keinen Widerstand entgegensetzt, so werden die treuen Diener Gottes im Orient ihrem Ansturm nicht länger gewachsen sein.“

Die ersten Kreuzzüge bezweckten, entweder bedrängten Christen zu Hilfe zu kommen oder die Heiligen Stätten in Palästina oder von den Muslimen unterworfene Christen zu befreien. Dagegen hielten die muslimischen Rechtsgelehrten immer am Endziel fest, das „Haus des Krieges“ zu erobern und alle Ungläubigen zu unterwerfen. Papst Urban II sah richtig. Wäre Konstantinopel schon 1100 gefallen, dann hätte die enorme militärische Kraft der türkischen Heere Mitteleuropa vierhundert Jahre früher heimgesucht. Dann wäre die vielfältige europäische Kultur wahrscheinlich nicht entstanden: keine freien städtischen Verfassungen, keine Verfassungsdebatten, keine Kathedralen, keine Renaissance, keine Demokratie, kein Aufschwung der Wissenschaften; denn im islamischen Raum entschwand das freie – griechische und das tolerante – persische – Denken eben in jenen Epochen. Jacob Burckhardts Urteil – „Ein Glück, dass Europa sich im ganzen des Islams erwehrte“ – heißt eben auch, dass wir den Kreuzzügen heute in Europa viel verdanken. Indes, wurden Kreuzzüge nicht häufig missbraucht? Gewiss. Kreuzzüge „entgleisten“ und wurden „zweckentfremdet“, wie etwa jener, der 1204 zur Eroberung des christlichen Konstantinopel führte.

Kreuzzug

Die Sklavenhaltergesellschaft

Wenn die Sklaven in der islamischen Welt knapp wurden, führten Emire nicht nur Dschihads gegen nichtmuslimische Völker, welche zu versklaven geboten war, sondern immer häufiger auch gegen islamisierte Völker, unter dem Vorwand, es seien keine wahren Muslime. Das geschah vorwiegend in Afrika und gegen Schwarzafrikaner, so, als zuerst Songhay 1468, dann die Marokkaner 1552 Mali überfielen, so auch, als seit dem achtzehnten Jahrhundert religiöse Reformer im Sahel ihre Dschihads gegen die islamisierten Haussa-Städte führten, woraus das Kalifat Sokoto entstand – mit der drittgrößten Sklavenmenge nach Brasilien und den amerikanischen Südstaaten. An den Folgen dieser immer weiter gehenden Dschihads mit ihren Genoziden und Massenversklavungen leidet Afrika bis heute. Indes, für welche politische Ordnung führten die Muslime ihre Heiligen Kriege mit dieser Vehemenz und diesem Erfolg? Für die Sharia. Eine politische Ordnung, die erstens Herren und Unterworfene streng absondert, zweitens die politische und soziale Ordnung der menschlichen Verfügung weitgehend entzieht. Bleiben wir beim ersten Aspekt: In der Sharia sind die Muslime die Herren, die Anhänger anderer Buchreligionen – Christen, Juden, Parsen, Buddhisten – Unterworfene, „Dhimmi“; dabei handelte es sich nicht um religiöse Minderheiten, sondern um gewaltige Mehrheiten, vor allem in Syrien, in Anatolien, oder um die Christen Nordafrikas und einst die Zoroastrier im Iran. Die Unterworfenen durften keine Waffen tragen, sie waren wehrunfähig, somit keine vollwertigen Männer. Christen und Juden mussten besondere Farben oder Kleidungsstücke tragen (diese Diskriminierung führte zum Judenstern), um als „Dhimmi“ kenntlich zu sein; sie durften nicht auf Pferde reiten, sondern nur auf Eseln, damit sie ständig an ihre Erniedrigung erinnert wurden; sie zahlten einen Tribut (Jizya), den sie persönlich entrichteten, wobei sie einen Schlag an den Kopf erhielten. Sie mussten sich von Muslimen schlagen lassen, ohne sich wehren zu dürfen; schlug ein „Dhimmi“ zurück, dann wurde ihm die Hand abgehackt, oder er wurde hingerichtet. Die Zeugenaussage eines „Dhimmi“ galt nicht gegen Muslime; diese brauchten für Vergehen an einem „Dhimmi“ nur halbe Strafe zu tragen; und wegen eines solchen Unterworfenen konnten sie nie hingerichtet werden.

Umgekehrt waren grausamste Hinrichtungsarten überwiegend den „Dhimmi“ vorbehalten. Sogar jene Diskriminierung der Juden, zu der sechshundert Jahre nach dem Islam die Westkirche auf dem IV. Laterankonzil von 1215 schritt und die uns so barbarisch anmutet, bezweckte und erreichte keine Erniedrigung dieses Ausmaßes. Eine besondere Drangsalierung brachte die türkische Herrschaft: seit 1360 wurde in unregelmäßigen Abständen bis zu einem Fünftel aller christlichen Kinder in die Sklaverei abgeführt. Sie wurden zwangsbekehrt. Diese Sklavenmenge dürfte im Laufe von sechs Jahrhunderten in die Millionen gegangen sein; davon wurden Hunderttausende ausgewählter Knaben zu fanatischen Muslimen und zu Elitekämpfern erzogen, zu den berüchtigten Janitscharen: eine Politik zur systematischen Vermehrung der muslimischen Bevölkerung und zur allmählichen Auslöschung der Christen. Sie hatte Erfolg. Die „Dhimmitude“ versetzte die Nichtmuslime in eine radikale Andersheit: Die Menschen in diesem Zustand nur als „Bürger zweiter Klasse“ zu bezeichnen, wie es manche Islamwissenschaftler tun, ist Schönrednerei. Wie der Nationalsozialismus die Menschen in Herren- und Untermenschen auf rassischer Basis spaltete, so hat es die Sharia auf religiöser Basis getan. Als erste Weltreligion schuf der Islam eine Apartheid, bei der die Gebiete der mit christlichen oder auch parsisch-zoroastrischen Bevölkerungsehrheiten kolonisiert und allmählich zwangsislamisiert wurden. Islamische Toleranz hieß lediglich: Duldung der Unterworfenen als Gedemütigte und Erniedrigte.

Dhimmitude

All das ist durch Studien zur „Dhimmitude“ bekannt. Aber wer will von den millionenfachen Opfern hören? Der Islam hat riesige Territorien religiös „gesäubert“: der zweite Kalif machte den Hidjaz, also Arabien außer dem Jemen, „christen-“ und „judenrein“; die Alternative hieß Konversion oder Vertreibung. Hunderttausende von Zoroastriern flohen aus dem Iran nach Indien, dort wo ihre Nachkommen auch heute noch unter dem Namen Parsen leben. Das hat – von alttestamentarischen Fällen abgesehen – niemals zuvor eine Religion getan. Ebenso „reinigten“ die Almohaden und Almoraviden ihr Spanien nach dem Zusammenbruch des Kalifats 1031: Zehntausende Juden wie Christen mussten entweder konvertieren oder ins christliche Nordspanien oder in die Levante fliehen. Gewiss, englische und französische Könige und dann die Könige Spaniens selbst taten später das gleiche; sie wandten dabei aber ein altes bekanntes muslimisches Rezept an. Und die Pogrome? Seit dem Kalifen Al-Mutawakkil schwappten immer wieder Verfolgungen über den Orient und Nordafrika, wobei Juden und Christen zwangsbekehrt, vertrieben oder massakriert wurden. Die ständige Zerstörung von Kirchen ging bis ins vorletzte Jahrhundert weiter (In der Türkei werden noch heute Kirchen angezündet und zerstört). Allmählich zerlaufen auf dem verklärten Bild des muslimischen Spanien, welches der europäische Antiimperialismus im neunzehnten Jahrhundert geschaffen hat, die blumigen Farben. Sorgfältige Aufarbeitung der Dokumente bringen darunter ein anderes Bild zum Vorschein. Dort kam es 889 in Elvira und 891 in Sevilla zu umfassenden Pogromen gegen Christen. Im marokkanischen Fez wurden 1033 über 6000 Juden massakriert. 1058 wurde das christliche Antiochia unter Folter und Todesdrohungen muslimisch gemacht.

Das erste große Pogrom gegen Juden auf europäischem Boden fand 1066 im muslimischen Granada statt; dabei kamen 1500 jüdische Familien um. 1135 wurde das Judenviertel Córdobas niedergebrannt, die Zahl der Massakrierten nicht zu wissen, mag heilsam sein. 1159 standen sämtliche Christen von Tunis vor der Wahl, zu konvertieren oder zu sterben. Um diese Zeit wurde das ehemals so vitale Christentum Nordafrikas vollends vernichtet. Die Pogrome im christlichen Herrschaftsgebiet sind sicher kein Ruhmesblatt der europäischen Kultur; aber ihre Ausmaße bleiben zweifelsohne weit zurück hinter jenen der islamischen Welt. Wir brauchen dringend eine vergleichende Geschichte religiöser Unterjochung, deren sich die Historiker vehement verwehren. Reden wir doch von Integration der Juden? Nirgendwo unter der Herrschaft des Islam, und auch nicht im spanischen Kalifat, waren Juden Bürger ihrer Stadt; sie blieben stets Unterworfene. In vielen deutschen Städten, wie Worms, Augsburg und andere Städte des Hochmittelalters, waren Juden Stadtbürger besonderen Rechtes, sie hatten das Recht, Waffen zu tragen, und waren besser gestellt als viele ärmere christliche Einwohner. Sie waren bis ins vierzehnte Jahrhundert, als sich ihre Situation verschlechterte, weit besser integriert, als die Juden im muslimischen Spanien es jemals sein konnten. Wer die politische Integration für das wichtigste hält, kann nicht umhin, Augsburg über Córdoba zu stellen. All das ist seit über fünfzehn Jahren wissenschaftlich bekannt. Aber wer will es hören? Jedes Jahrhundert der islamischen Geschichte, hat seine eigene Fülle von Horrorgeschichten. Kommen wir an dieser Stelle noch zum ersten großen Holocaust in der Weltgeschichte, der fand im Iran statt: Seit dem 10 Jhd. begannen Türken und Mongolen Iran zu invadieren. Bis zum 15. Jhd. hatten sie schätzungsweise 10 Mio. Iraner ermordet, mehr als 50 % der damaligen Bevölkerung.

Ganz Ostiran, d.h. Grosskhorasan liquidiert, Neyshapour einfach weggefegt, Hamadan, Rey und Ardabil sind lange ein Fanal geblieben. Kein Jahrhundert verging, von den Ufern Al Maqrebs über Cordoba bis Indien, wo nicht Juden, Christen, Zoroastrier, Hindus, Buddhisten und Heiden Verfolgung und Unterdrückung ausgesetzt waren oder zur Konversion gezwungen wurden. Erdrückende Steuerlasten, Ungleichheit vor dem Gesetz und Willkür verschiedener türkischer, arabischer und mongolischer Herrscher im gesamten islamischen Machtbereich, sorgten über die Jahrhunderte hinweg dafür, dass alle nicht-islamischen Religionen dort weitgehend ausgerottet wurden.

Seine Vergangenheit nicht zu kennen bedeutet sie wiederholen zu müssen. Wer weiterhin das Märchen von der islamischen Toleranz verbreitet, beraubt die Muslime der Chance, eine Religion und ihre Vergangenheit zu überwinden, die zur abscheulichen Gegenwart zu werden droht.

Nachtrag 24.08.2010 (2569):

Dieser Artikel wurde nun auch auf niederländisch übersetzt.

Nachtrag 25.10.2010:

Der Text basiert in großen Teilen auf ein Essay des Greifswalder Althistorikers Egon Flaig, erschienen in der FAZ.

Nachtrag 22.02.2013 [2571]:

Der komplette Text bis auf dem letzten Absatz sind von Egon Flaig und sind fälschlicherweise als eigenes Werk von Ardeshir Pârse aka. Amirkabir ausgegeben worden.

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